BGH- Haftung für Sachmängel beim Hausverkauf
BGH, Az.: V ZR 30/08
Der Verkäufer einer Sache hat gegenüber dem Käufer bestimmte Offenbarungspflichten. Wer ein Kraftfahrzeug verkauft, das einen Unfallschaden hatte, weiß in der Regel, dass er diesen Unfallschaden dem Käufer ungefragt zu offenbaren hat, selbst wenn der Unfallschaden vollständig repariert worden ist. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn es sich um einen unbedeutenden, sog. Bagatellschaden handelt. Derartige Offenbarungspflichten können gleichermaßen auch den Verkäufer einer Immobilie treffen. Zwar wird beim Verkauf einer Immobilie durch eine Privatperson regelmäßig die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. Auf einen Haftungsausschluss kann sich der Verkäufer aber dann nicht berufen, wenn er einen (nicht unerheblichen) Mangel arglistig verschwiegen hat.
Bei der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, kommt es, wenn die Parteien hierüber keine gesonderte Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben, darauf an, ob der Rechtsverkehr im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die verkaufte Immobilie als für die gewöhnliche bzw. nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung uneingeschränkt geeignet ansieht.
Ob der bei Errichtung eines Gebäudes übliche oder als unbedenklich angesehene Einsatz bestimmter Techniken oder Materialien aufgrund des technischen Fortschritts oder besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bewertung der Immobilie als mangelhaft führt, kann nicht schematisch für alle Fälle gleichermaßen beantwortet werden. Dazu sind die möglichen Sachverhaltskonstellationen, auch in ihren Auswirkungen, zu vielgestaltig. So kommt es etwa bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden auf die Umstände des Einzelfalls an, weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute üblichen Trockenheitsstandards erwartet. Demgegenüber ist das Vorliegen eines offenbarungspflichtigen Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sogenannten Altlasten, deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumindest in der Regel anzunehmen. Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von Baumaterialien, die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufweisen. Dies gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffen enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu einem Substanzeingriff kommt. So etwa bei einer von Mauern umschlossenen und nach außen nicht zugänglichen Dämmschicht, die, solange die Ummantelung intakt ist, keine gefährlichen Stoffe freizusetzen vermag.
Vor diesem Hintergrund verbietet es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofes einerseits, allein auf das abstrakte Gefährdungspotential abzustellen. Andererseits greife es zu kurz, einen offenbarungspflichten Sachmangel erst bei Bestehen eines akuten Sanierungsbedarfs anzunehmen. Vielmehr sein von einem solchen Mangel dann auszugehen, wenn die ernsthafte Gefahr bestehe, dass Stoffe mit einem erheblich gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjektes austreten. Dabei liege nach Auffasung des Gerichts eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gefahren für die Gesundheit vorgenommen werden können. Dies gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerkes vorgenommen werden. Insoweit muss ein verständiger Verkäufer bedenken, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten.
Der Verkäufer hat hat somit zu beachten, dass Baustoffe, die bei der Errichtung seines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, einen offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache begründen.
Beratungstipp: Sachmängel eines Hauses können vom Verkäufer ungefragt zu offenbaren sein, auch wenn kein konkreter Schaden an der Bausubstanz des Hauses vorliegt. Fragen des Vertragspartners müssen vollständig und richtig beantwortet werden. Der Verkäufer sollte darauf bestehen, dass alle Hinweise, die er dem Käufer zur Beschaffenheit und zum Zustand des Kaufobjektes erteilt hat, in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen werden, um eine mögliche Verkäuferhaftung auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages oder Schadensersatz wegen arglistiger Täuschung von vornherein auszuschließen.